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Leseprobe »Ich rätsle, also bin ich ...«: Im Rausch der Rätsel

Schon immer sind Menschen von Rätseln fasziniert: von den Denksportaufgaben der alten Griechen über die vor 100 Jahren erfundenen Kreuzworträtsel bis zum Escape-Room-Hype unserer heutigen Zeit. Warum knobeln wir so gerne? Hilft Rätseln beim Gedächtnistraining oder gar beim Einschlafen? Was löst den Rätsel-Flow aus? Und was passiert dabei in unserem Gehirn? Eine Leseprobe
Älterer Mann löst Kreuzworträtsel im Gartenstuhl

Warum ich dieses Buch schreibe

Das Leben gleicht manchmal einem Rätsel. Aber so ein Rätsel hat auch ziemlich viel mit dem Leben gemeinsam. Es kann uns zum Nachdenken bringen und vor Probleme stellen. Es kann uns verwirren, verblüffen oder verzweifeln lassen. Und richtig Spaß macht es nur, wenn es den schmalen Grat trifft zwischen Anspannung und Entspannung, weder zu leicht ist noch zu kompliziert, uns nicht unter- und auch nicht überfordert. Aber wenn wir zurückblicken und uns erinnern an jene Momente, in denen uns alles – nun ja – rätselhaft erschien, wir nicht mehr weiterwussten und schon aufgeben wollten, dann müssen wir schmunzeln über unsere damalige Unsicherheit, Unkenntnis und Ungeduld. Sobald wir es vom Ende her betrachten und die Lösung kennen, ergibt vielleicht nicht unbedingt alles Sinn. Aber das meiste.

Bei mir sind daher manche meiner Nächte zwar nicht unbedingt schlaflos, jedoch durchaus rätselhaft. Wortwörtlich. In meinem nächtlichen Kopfkino flimmern Sudoku-Kästchen, Zahlenfolgen, Symbole und sich kreuzende Begriffe über die Leinwand. Auch tagsüber wird mir manchmal die ganze Welt zum Rätsel. Dann zum Beispiel, wenn ich an einem Haus vorbeikomme, die Anordnung der Fenster sehe und – ohne es bewusst darauf anzulegen – spontan überlege, wie ich sie mit Ziffern füllen könnte. Oder wenn ich die Aufschrift eines Firmenschildes lese und mir direkt eine Wortknobelei dazu ausdenke. So werden aus »SAT-Anlagen« in meinem Kopf die »Satan-Lagen«, und die passende Definition habe ich auch schnell parat: »Die Schichten des Teufels«. Schon wieder ein Begriff für ein Kreuzworträtsel der Kategorie »Um die Ecke gedacht«.

Nein, das ist kein seltsamer Tick, kein Spleen, keine Marotte. Es ist eher eine Berufskrankheit: Ich bin professioneller Rätselmacher.

Seit mehr als 25 Jahren produziere ich alle denkbaren Arten von Rätseln und Quiz – vom Wort- bis zum Zahlenrätsel – analog und digital für unzählige Tageszeitungen, Magazine, Kalender, Bücher, Webseiten und Apps.

Währenddessen hat mich schon immer beschäftigt, was beim Rätseln eigentlich genau in unserem Gehirn passiert und welche kognitiv-psychologischen Mechanismen dabei in Gang gesetzt werden, wie uns die beim Rätseln und Raten trainierten Fähigkeiten in anderen Bereichen nützlich sein könnten und ob wir dadurch tatsächlich und messbar unsere Intelligenz steigern.

Die Antworten auf all diese und sicher noch viele weitere Fragen finden Sie in diesem Buch.

Mein erstes Rätsel

Wieso ausgerechnet ich über all diese Dinge nachdenke und sie nun nach einem Vierteljahrhundert zu Papier bringe? Weshalb ich einen Beruf gewählt habe, für den es weder eine Ausbildung oder eine Lehre noch ein Studium gibt? Und warum mir in all den Jahren die Rätselfaszination niemals abhandengekommen ist, sondern sich eher noch vergrößert hat?

Das lässt sich rückblickend ziemlich leicht erklären. Rätsel haben mich schon sehr früh interessiert. Meine Rätselbegeisterung wurde spätestens ausgelöst von einer von mir sehr geliebten und bewunderten Person: Meine Großmutter hatte ihr Haus nur 200 Meter von meinem Elternhaus im schleswig-holsteinischen Städtchen Eckernförde entfernt. Deshalb durfte ich schon als kleiner Junge alleine zu ihr laufen und musste dort als Erstes das »Ist Oma Zu Hause?«-Rätsel lösen. Um die Lösung zu erhalten, musste ich lediglich durch das Schlüsselloch ihrer Eingangstür gucken. An dieser Stelle ein kurzer Hinweis für die jüngeren Leserinnen und Leser: Viele Haustüren, besonders in ländlichen Gegenden, hatten früher Schlösser mit dicken Schlüsseln. Das bedeutete für mein Rätsel: Wenn ich durch das Schlüsselloch in den Flur blicken konnte, war der Schlüssel weg und Oma fort. War das Loch blockiert, steckte der Schlüssel von innen. Dann war Oma zu Hause.

Wenn ich eintrat, ging es mit dem nächsten Rätsel weiter, im übertragenen wie im buchstäblichen Sinne. Dann war ich jedoch nur Zuschauer. Meine Oma saß gerne stundenlang hochkonzentriert in einem gemütlichen Sessel im Erker ihres Hauses. Die Kaffeetasse neben sich, ein Kreuzworträtsel vor sich. Wenn sie fertig war, ging sie in den Garten, um Stachelbeeren zu pflücken, die es dann als Nachtisch zum Abendessen gab. Aber stets erst dann, wenn sie mit dem Rätsel fertig war.

Jedes Mal, wenn ich heute Stachelbeeren esse, denke ich zurück an meine Kindheit, an die Besuche bei meiner Oma, und insbesondere daran, wie schnell sie ihre Rätsel löste. Immer jene aus Klatschzeitschriften wie Das goldene Blatt, immer von links oben nach rechts unten, ohne den Stift auch nur einmal abzusetzen. So akkurat wie akribisch, ohne Zögern, ohne Pause.

Ich fand diese besondere Mischung aus Stille und Selbstverständlichkeit, aus Disziplin und Routine schon als kleiner Junge faszinierend, und diese Faszination ist nie ganz verschwunden. Ich hielt meine Oma damals für unglaublich schlau und beneidenswert glücklich. Und ich glaube, dass ich auch wegen ihr den Beruf des Rätselmachers gewählt habe.

Von Beruf Rätselmacher? Keine Sorge, ich kann mir bildlich vorstellen, wie Sie jetzt dreinschauen. Diesen Blick bin ich gewöhnt. Sie kennen sicher den Klassiker eines Gesprächseinstiegs auf jeder Party: »Und, was machst du so?« Früher habe ich darauf immer geantwortet: »Ich mache Rätsel.« Meistens war das Gespräch dann schnell vorbei, weil mein Gegenüber davon ausging, dass ich arbeitslos zu Hause herumsitze und Kreuzworträtsel löse. Und diese Vorstellung führte, vorsichtig formuliert, nicht unbedingt dazu, dass der- oder diejenige sich dann unbedingt mit mir weiter unterhalten mochte. Wenn ich einen ruhigen Abend verbringen und in Ruhe gelassen werden wollte, war diese Strategie natürlich nicht verkehrt. Andererseits ist es mitunter ganz schön, neue Menschen kennenzulernen. Deshalb habe ich mir inzwischen ein paar Antworten zurechtgelegt, die die Wahrscheinlichkeit einer Rückfrage und eines echten Gesprächs signifikant steigern.

Wie bei Karl dem Großen

Zum Beispiel sage ich gerne: »Ich bin Rätselmacher.« Das verwirrt die Leute zwar immer noch, aber die meisten Menschen sind dann gleichzeitig neugierig. Meist kommt dann als erste Gegenfrage, ob man davon denn leben könne, und ich versuche meinem Gegenüber möglichst schnell die Vorstellung des einsamen Einzelkämpfers zu nehmen. Denn immerhin verdienen auch meine acht Angestellten und diverse freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihr Geld auf diese Weise. Und den Beruf des Rätselmachers gibt es nicht erst seit heute, sondern spätestens seit Karl dem Großen!

Ja, tatsächlich. Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, das Heilige Römische Reich zu gründen, löste der karolingische König gerne Rätsel. Sein Wissensdurst war so groß, dass er sogar jemanden anstellte, um ihm ständig neue zu liefern: Der angelsächsische Gelehrte Alkuin leitete nicht nur Karls Palastschule. Er sammelte für seinen Chef auch die »Propositiones ad acuendos iuvenes«, was frei übersetzt so viel heißt wie »Aufgaben zur Schärfung des Geistes der Jugend«. Schon damals fürchtete die herrschende Klasse offenbar um die intellektuellen Kapazitäten nachfolgender Generationen.

Bei den Unterlagen handelt es sich um die älteste mathematische Aufgabensammlung in lateinischer Sprache, einige der darin enthaltenen Knobeleien sind noch heute beliebt. Das bekannteste ist vermutlich das sogenannte Flussüberquerungsrätsel, das ich im Jahr 2016 im Rahmen meiner Tätigkeit als Co-Moderator an der Seite der wundervollen Andrea Kiewel im »ZDF Fernsehgarten« mit den anwesenden Zuschauern löste. So geht es (die Antwort auf das Rätsel finden Sie am Ende des Kapitels auf den Seiten 24 bis 25):

Ein Mann muss mit einem Wolf, einer Ziege und einem Kohlkopf einen Fluss überqueren. Das einzige Boot kann aber neben ihm nur eine weitere der drei Sachen transportieren. Wie schafft er es, ohne dass der Wolf die Ziege oder die Ziege den Kohl frisst?

Die ersten professionellen Rätselmacher tauchten allerdings erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf. Der Amerikaner Sam Loyd gilt als erster, der ab dem Jahr 1860 durch seine Anstellung beim Magazin »Chess Monthly« davon leben konnte. Er gilt noch heute als einer der größten Spieleerfinder aller Zeiten. Für die Rätselspalten von Zeitungen entwickelte er nicht nur Tausende kleiner Schachaufgaben, sondern auch weltbekannte mathematische Rätsel und Knobeleien. Sein Gegenspieler in Europa war ein Mann namens Henry Ernest Dudeney, der heute als Englands größter Rätselerfinder gilt.

So etwas würde ich von mir natürlich niemals behaupten. Ein paar Gemeinsamkeiten haben wir dennoch. Auch Dudeney zeigte schon als Kind ungewöhnliche Interessen. Seine größte Leidenschaft galt dem Schachspielen, bereits mit neun Jahren veröffentlichte er seine ersten Rätsel in der Lokalzeitung. Meine Mutter wiederum händigte mir abends gerne einen Zettel mit Mathematikaufgaben aus. Wenn ich sie am nächsten Morgen korrekt gelöst hatte, erhielt ich 15 Pfennig.

Mein Vater konnte sich für solche Knobelaufgaben weniger begeistern. Stattdessen hatte er andere Pläne für mich: Ich sollte eines Tages sein Geschäft übernehmen. Zunächst führte er in Eckernförde lediglich eine Zahnarztpraxis nebst Labor, die ihn aber offenbar nicht genug auslastete. Denn ein paar Jahre nach Eröffnung der Praxis schuf er sich noch ein zweites Standbein – und zwar durch einen lustigen Zufall. Vor meiner Geburt fuhr er mit meiner Mutter in den Skiurlaub in die Schweiz und bestellte sich in einem Restaurant Räucherlachs. Doch weil der ihm nicht schmeckte, brachte er im nächsten Jahr seinen eigenen Fisch von der Ostsee mit und gab dem Wirt etwas davon ab. Der war direkt begeistert und fragte meinen Vater, ob er ihm nicht eine Lieferung aus unserer Heimat schicken könne. So startete im Jahr 1968 in Eckernförde »Heines Lachsversand«, den es heute noch unter dem Namen »Heine Delikatessen« gibt.

Nun war mein Vater tagsüber Zahnarzt in seiner Praxis und am Feierabend zusammen mit meiner Mutter Lachshändler in unserer Garage. Wie er das zeitlich schaffte, ist mir bis heute ein (ungelöstes) Rätsel. Aber mein Vater war nicht nur ein begabter Multitasker, sondern auch ein gewiefter Stratege. Weil er gerne langfristig plante, hatte er sich schon Gedanken über seine Nachfolge gemacht. Leider spielte ich in diesen Überlegungen die Hauptrolle. Vielleicht deshalb, weil ich bereits als Kind einen ungewöhnlichen Sinn für das Geschäftliche zeigte.

Schon im Alter von vier Jahren beherrschte ich die Grundrechenarten. Nicht nur einmal lief ich im Restaurant zu fremden Menschen und forderte sie auf: »Stellen Sie mir eine Rechenaufgabe!« Dann lächelten sie mich an und sagten so etwas wie: »Zwei plus Zwei?« Das empfand ich als viel zu leicht und erwiderte: »Ich meine eine richtige Aufgabe!« Dann überlegten die Menschen kurz und sagten zum Beispiel: »64 durch 16?« Innerhalb weniger Sekunden rief ich: »Vier!« und streckte ihnen die offene Hand entgegen. Daraufhin kramten sie lachend in ihrer Hosentasche und gaben mir etwas Kleingeld. Das klingt nun so, als wäre ich ein absoluter Musterschüler gewesen und hätte nichts als Einsen mit nach Hause gebracht. Ganz im Gegenteil.

Am Rande der Legalität

An meine Schulzeit denke ich heute nicht so gerne zurück, ich fand die gesamten 13 Jahre langweilig. Mein Interesse, Dinge herauszufinden, war zwar durchaus vorhanden, wurde im Klassenraum aber eher gemindert. Umso engagierter war ich, sobald ich nach Hause kam und an meinen Commodore 64 durfte. Die Freizeit verbrachte ich am liebsten damit, an diesem Computer zu programmieren.

Mein größtes Rätsel war damals nämlich, wie ich an Geld für Programme, Computerzubehör oder Disketten komme. Also brachte ich mir selbst Programmiersprachen bei und entwickelte Spiele. Auch solche, bei denen Rätsel im Mittelpunkt standen. Dass ich von dieser Leidenschaft noch Jahrzehnte später profitieren würde, konnte ich damals nicht ahnen. Mir lag einfach diese freie Art des Lernens – also stundenlang über Probleme nachzudenken und auf eigenen Wegen Lösungen zu finden – weit mehr als das stumpfe Abarbeiten eines Lehrplans oder das Auswendiglernen von Vokabeln. Auch wenn ich damals, sagen wir, am Rande der Legalität operierte.

Meine selbst programmierte Software schickte ich an Computerzeitschriften, die sie gegen ein kleines Honorar abdruckten. Außerdem brachten mir Schulfreunde gerne gekaufte Programme vorbei. So hatte ich immer die allerneuesten Spiele: Ich überwand den Kopierschutz, gab ihnen die geknackte Version zurück, sodass sie diese weiterverkaufen konnten und speicherte die Software auch bei mir ab. Im Anschluss verkaufte ich über Zeitungsanzeigen Hunderte verschiedene Programme und erhielt als Gegenleistung Briefmarken, die ich wiederum bei meiner Mutter gegen Bargeld eintauschte. Offenbar war ich aber ein wenig zu umtriebig. Eines Tages erhielt ich per Post die Abmahnung einer Anwaltskanzlei und sollte 1101,58 DM zahlen. Zu meinem damaligen (und heutigen) Erstaunen gab mir mein Vater aber keinen Hausarrest, sondern bezahlte die Rechnung. Anscheinend war er fast ein wenig stolz auf seinen geschäftstüchtigen Sohn. Gleichwohl war er daran interessiert, diese Energie in legale Bahnen zu lenken.

Als ich 15 Jahre alt war, kam ich eines Tages aus der Schule nach Hause und er sagte: »Setz dich. Ich erzähle dir jetzt, was du machst, bis du 65 bist. Danach kannst du selbst entscheiden.« Kurz gefasst ging diese Erzählung so: Ich sollte nach dem Abitur BWL studieren, auf eine Managementschule in die Schweiz gehen, mit 25 in seinem Versandhaus einsteigen und irgendwann den Betrieb übernehmen.

Wie erfolgreich mein Vater damit war? Sagen wir so: BWL habe ich tatsächlich ein paar Semester studiert, genauso wie Jura. Abgeschlossen habe ich beides nicht, auch wenn ich es in Jura zumindest bis zur Examenszulassung geschafft habe. »Heine Delikatessen« gibt es heute noch, aber gearbeitet habe ich dort nur als Schüler.

Stattdessen war ich nach dem abgebrochenen Studium Teilzeit-Weihnachtsmann, Promoter für Zigaretten und verschiffte Autos von einem Kontinent zum anderen. Was mich dabei antrieb? Neugier. Ich liebe es, Dinge einfach auszuprobieren und Lösungen zu entwickeln, genau wie damals meine Oma. Und manchmal überlasse ich Dinge auch gerne dem Zufall. Wie gesagt: Am Ende ergibt immer alles Sinn. So wie eine Begegnung während meines Studiums, die meinen beruflichen Lebensweg entscheidend prägte.

Ein schicksalhaftes Treffen

Im Jahr 1994 gründete ich in Hamburg zusammen mit einem Freund ein Marktforschungsinstitut. Der nahm mich eines Tages mit zu einer Grillparty seiner Mutter. Hauptberuflich war sie eine Psychologin mit eigener Praxis. Nebenberuflich schrieb sie bereits seit sieben Jahren jede Woche für ein Anzeigenblatt in Bad Segeberg den »Kummerkasten«, eine Mischung aus Kolumne und psychologischem Ratgeber zu Alltagsfragen. Diese Tätigkeit wollte sie nun aufgeben.

Als sie mir ein Exemplar des »Kummerkastens« in die Hand drückte, war ich direkt begeistert. Die Texte waren schön geschrieben, tiefgründig und durchdacht. Auf der Rückfahrt nach Hamburg fragte ich mich, ob sich für diese Texte nicht auch andere Zeitschriften und Zeitungen begeistern ließen – und beschloss mit meinem Geschäftspartner, eine Antwort darauf zu finden.

Wir gründeten eine weitere Firma, eröffneten ein eigenes Konto und schrieben 700 Anzeigenblätter an. Wenige Tage später hatten wir schon drei Kunden gewonnen, denen wir die Texte aus dem »Kummerkasten« gewissermaßen als Zweitverwertung verkauften. Und als wir überlegten, was wir den Zeitungsverlagen noch so alles anbieten könnten, kamen wir relativ schnell auf Rätsel. Da habe ich mir selbst beigebracht, sie zu schreiben – was damals noch eine recht mühsame Angelegenheit war, auch wenn ich durch meine Freizeitbeschäftigung als Schüler bereits ein gewisses Faible dafür hatte.

Ich sehe mich jedenfalls noch mit einer sperrigen Kreuzworträtsel-Software auf einem 386er-Windows-Rechner kämpfen. Wie wir im Verlauf dieses Buchs sehen werden, haben auch hier die Maschinen einen Großteil der Arbeit übernommen. Wenngleich unsere Produkte – so viel sei schon mal verraten – niemals ohne menschliches Zutun zustande kommen werden. Und immerhin legte diese Mühsal die Basis für meine heutige Tätigkeit.

Irgendwann habe ich das Marktforschungsunternehmen nämlich verkauft und mich stattdessen voll auf Rätsel konzentriert. Heute beliefere ich – mit insgesamt acht festen Mitarbeiterinnen, einer Handvoll freier Autorinnen und Autoren und wesentlich ausgefeilterer Software – etwa 400 Kunden, darunter Zeitungen, Zeitschriften, Buchverlage, Spieleportale und App-Entwicklerinnen und -Entwickler. Nicht nur in Deutschland, sondern überall, wo Deutsch gesprochen wird, also auch in Chile oder Dänemark. Aktuell haben wir 120 verschiedene Rätselarten im Programm, vom Brückenrätsel bis zum Samurai-Sudoku. Unsere Produkte werden jeden Monat mehr als 350 Millionen Mal abgedruckt, wir geben jährlich über 50 Publikationen heraus, vom Tierrätselkalender über Schnitzeljagdboxen bis zum »Das war spitze«-Retroquiz. Bevor Sie angesichts dieser hohen Zahlen nun aber einen falschen Eindruck gewinnen: Reich wird man mit Rätseln nicht. Die Medienkrise wirkt sich auch auf unsere Preise aus. Im Jahr 1970 gab es für eine DIN-A4-Seite Rätsel mehr als 1 000 Mark, heute sind es etwa 7 Euro. Man muss also kreativ bleiben, um auch weiterhin erfolgreich zu sein.

Und dennoch: Ich mache das immer noch mit heller Freude und finde, dass die Herausforderung trotz aller Routine eher zu- als abnimmt. Ich liebe das Erfinden, das Neue und das ganz besonders Schwierige. Und das Schöne ist: Damit bin ich nicht allein.

Das Land der Knobler

Deutschland ist nicht nur das Land der Dichterinnen und Denker, sondern auch der Rätslerinnen und Rater, Knoblerinnen und Kopfzerbrecher. Nach Angaben der Meinungsforschung von IfD Allensbach aus dem Jahr 2022 gibt es hierzulande mehr als zehn Millionen Menschen, die in ihrer Freizeit häufig die entsprechenden Aufgaben lösen. Bei den beliebtesten Hobbys der Deutschen liegt es damit auf dem fünften Platz, noch vor Wandern, Joggen, Campen, Computerspielen oder Basteln. Die durch das Internet ausgelöste Krise der Printmedien geht an kaum einer Zeitung oder Zeitschrift vorbei, aber bei Rätselmagazinen ist zumindest die Nachfrage ungebrochen: An jedem gut sortierten Bahnhofskiosk liegen mehr als 200 verschiedene Hefte im Regal. Der Siegeszug der digitalen Medien hat dem Erfolg des Segments anscheinend nicht geschadet, sondern ihn eher noch beflügelt.

Leider endet die Leseprobe an dieser Stelle. Das Buch »Ich rätsle, also bin ich ...« bietet den Rest des Kapitels und mehr.

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